Sonntag, 25. September 2011

Auflösungserklärung

Die Gruppe Antifa Tigers Wilhelmsburg (ATW) gibt hiermit, nach ungefähr 2 Jahren nicht politischer Arbeit, ihre Auflösung bekannt.

ATW verstand sich immer als ein Kunstobjekt, ohne tatsächliche politische Theorie und Praxis. Zu unserem Erstaunen sind wir durch ansteigende Mitgliederzahlen und Chaptergründungen zu einem Selbstläufer geworden. Aus einem Projekt welches sich durch eine handvoll Freund_innen gründete wurde ATW, die nach zwei Jahren die eigenen Mitgliederzahlen nicht mehr erfassen konnten. Von außenstehenden und internen Personen wurde ATW zu einem außer Kontrolle geratenen Projekt stigmatisiert, dem wir nicht widersprechen wollen.
Der zusammenhangslose Haufen war in den Anfängen vor allem darauf bedacht, die politischen Umtriebe im Wilhelmsburger Milieu in eine radikalere Richtung zu lenken. Inzwischen blicken wir auf eine teilweise erfolgreiche, aber auch schwierige Bestehensgeschichte zurück. Während klar gesteckte Ziele, wie die Abspaltung der Insel Wilhelmsburg von Hamburg und der Welt, sowie Proll_innen gegen die Gesamtscheiße zu etablieren oder einem anarcho-kommunistischen Beisammensein zu frönen, in einigen wenigen Bereichen durchaus erreicht worden sind, hegen wir dennoch argen Zweifel, ob wir jemals in der Lage sein werden unser Kriterien und Ziele umsetzen zu können. Wir dachten es uns wohl etwas zu einfach mit ein wenig Salzwasser die Brücken zum Rosten zu bringen und die Zeit für uns arbeiten zu lassen. Daher verschieben wir diese Aktion auf unbestimmte Zeit. Die letztendliche Beschränktheit dieses Handlungsfeldes bereitet uns dennoch Kopfzerbrechen.

Zenatral Komitee (ZK)
Als Gruppe müssen wir uns selbstkritisch hinterfragen, warum es einigen wenigen gelungen ist innerhalb von ATW das Ruder an sich zu reißen und sich in einem Zusammenschluss welches sich selbst ZK nannte, in unserem Namen ein hierarchisches Gebilde aufbauen konnte. Ohne eine Legitimation durch die Gruppe hat das so genannte ZK Entscheidungen im Namen von ATW getroffen. Gruppeninterne Strukturen sind Teil des Beschlusses, das fiktive Gebilde ATW aufzulösen.
Wir fordern noch einmal das Ex-ZK ATW auf, sich nicht mehr in dieser aggressiven Antihaltung uns gegenüber sich jegliche Chancen einer Zusammenarbeit zu verbauen.Wir verfolgen die Politik der ausgestreckten Hand.

(Selbst)kritik
Das Ende dieses Projekts zeigt, dass wir auf diesem Weg nicht durchkommen konnten und kritisiert uns im Ergebnis. Die ATW ist unsere Entscheidung gewesen, uns auf die Seite derer zu stellen, die überall auf der Welt für Reflektion und kritische Intervention kämpfen.
ATW, sowie die gesamten Chaptern (Barcelona, Amsterdam, Berlin, Hamburg-Barmbek, Hamburg-Altona Altstadt, Hamburg-St. Pauli) sind nichts als Durchgangsstadien auf dem Weg zur Befreiung und gegen das stumpfe Abfeiern nichtssagendem Rumgeprolle in linksradikaler Attitüde
Unser Auftreten in der Öffentlichkeit bot genug Redestoff für einen Abend auf scheinbar langweiligen Partys. Der Vorwurf der Uniformierung, aufgrund unserer vorwiegend schwarzen Kleidung mit ATW-Logos in Pink, Lila, Gold oder auch Glitzer wurde zur Genüge an uns herangetragen. Aufgrund des Auftretens in größeren Gruppen mit einheitlicher Symbolik geriet ATW in die Kritik.

Spiegel, Spaß und Fiktion
Als eine Kunstgruppe die im Grunde lediglich fiktiv besteht, deren Existenz das Tragen des Logos, sowie einige Aufkleber beinhaltet, wollte ATW als ein Spiegel der Attitüde linksradikaler Szene fungieren. Ob diese Idee, aufgrund der erzielten Kritik und (unbeabsichtigten) Provokation Erfolg hatte, mag jede_r für sich selbst auswerten und dabei einen Blick in den eigenen Kleiderschrank oder des Auftretens mit Genoss_innen im öffentlichen Raum werfen.
Der Widerspruch zwischen Spaß und Politik ist bei uns oft verdrängt und weggeredet worden. Auch die fehlende Information über unser Projekt produzierte Entfremdungen und Autoritätsstrukturen, was dem Verständnis von Spaß widerspricht. Ein Umgang ohne diese Strukturen ist nur mit einem Bewusstsein darüber möglich. Ansonsten verselbständigen sich neue Autoritätsstrukturen und Verhärtungen sowohl in der Politik als auch in den Verhältnissen. Das zeigte sich unter anderem in der hierarchischen Struktur, die sich bei uns eingeschlichen hat und in den autoritären Zügen der Spaltung die einige wenige in unserer Gruppe hervorgebracht haben. Die eigene Reflektion der Gruppendynamik ist ganz klar eine lange Zeit auf der Strecke geblieben.

Zu diesem Zeitpunkt sehen wir aufgrund der Ausmaße des Projekts keine Alternative zu einer Auflösung. Es lässt sich festhalten, dass sich weder die einzelnen Mitglieder der ATW im Klaren darüber sind, inwiefern die Gruppe weiterhin als Zusammenschluss funktionieren könnte, noch in welchem Maße gruppenübergreifende Diskussionen neue Wege kritischer Interventionen eröffnen könnten.

Das erste und letzte Plenum
1tes ATW-Plenums Protokoll ergibt folgende Punkte:
• Die Antifa Tigers Wilhelmsburg werden mit sofortiger Wirkung aufgelöst.
• Alle ATW Symbole, Abzeichen, Kutten u.s.w. verlieren an Bedeutung und sollten nach Bedarf vernichtet oder in den Schrank gehängt werden, falls die Enkelkinder wissen wollen was früher mal so los war.
• Allen Chaptern steht es frei, sich weiter autonom als AT’s auszugeben.
• Die ATW bleibt eine eingetragene Marke.
• Alle Bereichsbeauftragte haben mit sofortiger Wirkung keinen Auftrag mehr.
• Die ATW Kasse wird in die ATH eingebracht.


Solidarische Grüße an die autonomen Antifa Tigers Lüneburg
Dank an die Antifa Tigers Hamburg für die Aufnahme der ATW

Die Insel sagt:
ich war
ich bin
ich werde sein

Antifa Tigers Wilhelmsburg
September 2011